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Pirna - Gottleuba - Gottleubatalbahn

Vorgeschichte und Bau | Pirna - Berggießhübel

 »Dies ist die erste Bahn, welche in Sachsen als Sekundärbahn erbaut  ward. Auf ihr kommen zumeist nur schwer in das Gewicht fallende Massengüter, insbesondere Sand- und Eisensteine zum Transport, welche  vorzugsweise auf weitere Entfernungen abgefahren werden. Früher wurden  diese Produkte aus dem Gottleubathale, wenn auch nicht in dem heutigen  Umfange, der Station Pirna, wo jetzt die Sekundärbahn an die Hauptbahn anschliesst, zur Verfrachtung auf der Eisenbahn zugeführt. Dabei besass  der Sandsteinversandt von Rottwerndorf schon damals einen so grossen  Umfang, dass die vorhandenen guten Strassen diesen Verkehr kaum zu  tragen vermochten. Dieser Umstand liess die Anlage einer  Eisenbahnverbindung geboten erscheinen und zwar wurde dieselbe - mit  Rücksicht darauf, dass die vorhandenen Massengüter fast ausschliesslich  auf die Hauptbahn übergehen und weil die Umladung namentlich der  bearbeiteten Sandsteine mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten  verbunden gewesen sein würde - als normalspurige Sekundärbahn ausgebaut. Dabei kam auch in Betracht, dass besondere Terrainschwierigkeiten nicht vorlagen, so dass der normalspurige Ausbau der Bahn keine  unverhältnissmässig höheren Kosten bedingte.«

Schon mit dem Bau der Sächsisch-Böhmischen Eisenbahn durch das Elbtal kam Mitte des 19. Jahrhunderts der Gedanke einer Bahn über das Osterzgebirge nach Aussig auf. Besonders die reichen Braunkohlevorkommen des nordböhmischen Beckens, auf die die sächsische Wirtschaft angewiesen  war, machten eine derartige Bahn lukrativ. So kam es 1868 in Pirna zur Gründung eines "Comités für die Erbauung einer Eisenbahn von Pirna nach Dux". Ein erstes Streckenprojekt sah eine 76 km lange Bahn durch das  Gottleuba- und Bahratal vor, die bei Hellendorf die Landesgrenze  überschreiten sollte. Entlang des Erzgebirgs-Südhanges hätte man die  Strecke mit einem maximalen Gefälle von 1:60 bis zur 1871 eröffneten  Dux-Bodenbacher Eisenbahn geführt. Der Ort Berggießhübel wäre dabei  lediglich mit einer Stichbahn bedacht worden; eine Eingabe der Stadt  Gottleuba zur Verlängerung dieser Stichstrecke am 04.02.1873 blieb unbeachtet. Die Uneinigkeit verschiedener Interessenten über die Trassierung der Erzgebirgsüberquerung hatte Ende 1874 das Scheitern des  Bauvorhabens zur Folge. In den folgenden Jahren bemühten sich die Vertreter von Berggießhübel und Gottleuba um den Bau einer Strecke durch das Gottleubatal. Die Straßen waren in einem schlechten Zustand und man fürchtete um den industriellen Aufschwung der Region.                                                                                                                                                                       Am 21.02.1878  entschied man sich für eine normalspurige Nebenbahn, die von Pirna über Rottwerndorf nach Berggießhübel führen sollte. Der Anschluss von  Gottleuba war, auch aufgrund topografischer Probleme, nicht vorgesehen.  Ebenso fand die Anlage eines Elbkais in Pirna keine Zustimmung. Von der  einzigen geplanten Zwischenstation Rottwerndorf sollte ein Zweiggleis zum Talausgang des Lohmgrundes führen. Da die Steinbruchbesitzer dem ablehnend gegenüber standen, sah man von der Errichtung des Gleises ab.                                                                                                                                                             Im Juni 1878 genehmigte das Finanzministerium eine Haltestelle für Langenhennersdorf. Vorgesehen hatte man ein eingeschossiges, offenes Stationsgebäude mit angebautem Güterschuppen in Fachwerkausführung. Die Absteckung der Trasse fand im Sommer des Jahres statt, die  Enteignungsverhandlungen währten hingegen bis ins Folgejahr. Südlich  der späteren Ladestelle Cotta am km 8,76 plante der Neundorfer  Steinbruchbesitzer Uhlmann ein 48 m langes Zweiggleis mit Kopframpe.  Dieses sollte mit Eröffnung der Strecke in Betrieb genommen werden.  Ausgeführt wurde es jedoch nicht. Die Arbeiten an der Strecke wurden in  drei Baulosen vergeben:

     Stat.   0     -   80+25    Fa. Romulus Späte, Dresden
            80+25  -  111+10    Fa. Robert Berndt, Chemnitz
           111+10  -   Ende     Fa. Robert Berndt, Plauen b. Dresden

Ende Mai 1879 begann die Fa. Späte mit den Erdarbeiten. Ab dem 29. September verkehrten täglich vier Bauzüge zwischen Pirna und Rottwerndorf. Im Herbst 1879 beantragte der Gastwirt Schöne aus Neundorf die Anlage eines Zweiggleises. Zudem sollte ein Personenhaltepunkt mit Wartehalle  eingerichtet werden. Die Genehmigung dazu wurde erteilt, allerdings  hatte Schöne die Baukosten zu tragen und auch die spätere Unterhaltung  der Station zu finanzieren. Im November 1879 lag der Oberbau bereits bis Neundorf. Zum Jahresende waren von der "Königin-Marien-Hütte" in Cainsdorf alle eisernen Brücken fertiggestellt. Das Empfangsgebäude in Rottwerndorf wurde von der Fa. Otto Horn aus Neundorf erbaut, die auch  an der oberen Brücke in Langenhennersdorf tätig war.            Das Berggießhübler Stationsgebäude errichtete das ortsansässige Unternehmen von Ernst Heidrich. Trotz des strengen Winters 1879/80 konnte am 15.07.1880 um 9 Uhr die Prüfungsfahrt ab Pirna stattfinden. Da keine Mängel festgestellt wurden, stand der Eröffnung der "Sekundärbahn" am 19. Juli nichts mehr entgegen.[2],[3],[13]

Vorgeschichte und Bau | Berggießhübel - Gottleuba

In Gottleuba war man aus verständlichem Grund nicht davon begeistert, dass die neue Strecke gewissermaßen am Ortseingang enden sollte. In unzähligen Petitionen forderten die  Anliegergemeinden und die Stadtväter von Gottleuba eine Verlängerung der Stichbahn über Gottleuba zur Landesgrenze. Da Streckenführungen durch  die Täler von Bahra und Seidewitz im Gespräch waren, keimten auch in  Liebstadt neue Hoffnungen auf einen Bahnanschluss auf. Im Oktober 1898 fanden erste Vorarbeiten für den Weiterbau nach Gottleuba statt.  Das Dekret Nr. 24 vom 13.12.1899 befasste sich ausführlich mit dem  Streckenneubau. Die Anlage des Endbahnhofs sollte eine spätere Verlängerung in Richtung Böhmen ermöglichen. Die unentgeltliche Bereitstellung des dafür erforderlichen Geländes durch die Stadt Gottleuba begünstigte das Vorhaben.                                                                                                                                                                            Nachdem das Projekt im Frühjahr 1900 genehmigt wurde, begann der Kamenzer Vermesser Rentsch im Herbst  1901 mit der Geländeaufnahme. Der Einrichtung des Baubüros Berggießhübel am 01.07.1902 folgte im Herbst des Jahres die Absteckung der Trasse.  Alle Arbeiten wurden an die Gebr. Eichler aus Dresden vergeben.  Lediglich die Herstellung des Betonviaduktes im Kurpark übertrug man dem darauf spezialisierten Unternehmen Johann Odoric.                                                  Nach dem ersten  Spatenstich, der am 14.07.1904 auf dem zukünftigen Bahnhofsgelände in Gottleuba stattfand, war ein rascher Baufortschritt zu verzeichnen. Die Ausführung der Brückenbauwerke begann im Herbst 1904. Im Oktober des  Jahres kamen 218 Arbeitskräfte beim Streckenbau zum Einsatz;  durchschnittlich waren 180 Arbeiter beschäftigt. Ab Ende 1904 übernahm  eine Feldbahn die Baustofftransporte.                                                                                                        Die Hochbauten errichtete der  Gottleubaer Baumeister Reppchen. Das Empfangsgebäude nach einem Entwurf  vom August 1904 war schlicht und funktional gestaltet. Es erhielt wegen "wohnlicherer Ausgestaltung der Dachkammern" ein mit 1:5 geneigtes Doppelklebepappdach. Die geforderte Bahnhofsuhr wollte man nur anbringen, "falls sich eine überzählige Uhr finden sollte". Das  Lokschuppenfundament in Gottleuba war bereits im November 1904  fertiggestellt, die Umsetzung aus Berggießhübel erfolgte aber erst im  Juni 1905.

Am 02.05.1905 war Baubeginn für eine Wärterbude am km 15,348 zur Sicherung des alten, schlecht einsehbaren Überganges der Staatsstraße. In einer Verfügung vom 14.12.1903 hieß es dazu: »Der Übergang in Schienenhöhe ist durch einen Wärterposten ständig zu besetzen, welcher den Verkehr bei Tag mittels roter Fahne und bei  Dunkelheit mittels grüner und roter Laterne regelt; ausserdem stellt  dieser Übergangswärter, welcher durch eine von der Station  Berggiesshübel in Tätigkeit gesetzte Weckglocke angerufen wird, durch Drahtzug ein oberhalb des Überganges aufgestelltes, bei Dunkelheit zu  beleuchtendes Signal mit der Aufschrift: -"Halt, Zug kommt."-                                                                                                                                                                                       Der Wärterposten erhält die Befugnis den Zug im Notfalle halten zu lassen. Der Zug hat vor und über den Übergang nur im Tempo des Schrittes zu  fahren. Der Öffentliche Fußweg bei Stat. 4+14 B.G. ist durch Unterführung unter der Bahn durchzuleiten.«                                                                                          Anfang 1924 wurde der Posten von der D.R.G. eingezogen und der Übergang durch eine spätere Straßenverlegung bedeutungslos.                                            Der Bau verlief nicht ohne Probleme. Am km 14,09 musste ein alter Bergwerksstollen Überwölbt werden. Aufgrund von Rissen im Gemäuer des  Schönbach´schen Wohnhauses am Kirchberg stellten die Eigentümer Schadenersatzforderungen. Die nachfolgenden Gutachten und Schriftwechsel fällen zwei dicke Aktenbünde. Im Juni 1905 richtete die Frau des Berggießhübler Bürgermeisters a. D. Flohr eine Eingabe an den sächsischen Finanzminister Dr. Rüger. Sie beschwerte sich darüber, dass ihr Grundstück durch die Bahn zerschnitten wurde. Als Ausgleich wurde auf Kosten der Bahnverwaltung ein Wegübergang mit Treppe zum privaten Obstgarten angelegt.                                                                                                                                                                                                                          Am 19.06.1905 konnte der Bauzugverkehr aufgenommen werden. Die Abnahmefahrt fand am Nachmittag des 29.06.1905  statt und zwei Tage darauf begann der Öffentliche Verkehr.                                                                                                                                                                                                           Der  Inhaber der Gottleubaer Kaffeemühlenfabrik, Ernst Oskar Leinbrock, hatte bereits 1905 die Möglichkeit, ein Zweiggleis zu seinem Werk anlegen zu  lassen. Er entschied sich jedoch vorerst für den Transport durch  Fuhrwerke.                                                                                                                                         Die "Festordnung zur Feier der Einweihung der Staatseisenbahn Berggiesshübel - Gottleuba in Gottleuba" galt am 30.  Juni und liest sich wie folgt:

[1],[2]

Betrieb

Die sparsame Betriebsführung, erstmalig unter dem Einsatz eines "Bahnverwalters", und eine Vielzahl von Zweiggleisen im  unteren Streckenabschnitt ließen die PGl-Linie zur einer der rentabelsten Staatsbahnstrecken werden. Die Sandsteintransporte stellten dabei einen Großteil des Güteraufkommens. In einer späteren  Veröffentlichung heißt es: »Infolge des umfangreichen Transportes von Massengütern besitzt die Bahn mehr den Charakter einer Schleppbahn als  denjenigen einer Sekundärbahn im eigentlichen Sinne. Sie dient zwar auch dem Personenverkehre, doch liegt es in der Natur der Sache, dass der Güterverkehr bedeutend überwiegt. Der Transport erfolgt - wie auch auf  allen übrigen Sächsischen Sekundärbahnen - lediglich durch gemischte  Züge ...«                                                          Trotz der langen Fahrzeiten der GmP erfreute sich die  Strecke im Personenverkehr einer wachsenden Beliebtheit. Ausschlaggebend dafür waren die romantische Streckenführung und der aufstrebende Kurbetrieb in Berggießhübel und Gottleuba. Die Strecke kreuzte bis Berggießhübel 87 unbewachte Wegübergänge. Die größte Steigung betrug anfangs 1:40 auf einer Länge von 2 688 m, mit der Erweiterung nach  Gottleuba mussten die Züge am Kirchberg auf 431 m einen Anstieg von 1:37 bewältigen.                                                                                                                                                                                                                       Am 16.05.1881 war das Zweiggleis in Langenhennersdorf fertiggestellt, so dass dort am 1. August des Jahres der Güterverkehr aufgenommen werden konnte. Das Empfangsgebäude wurde nachträglich  1881/82 von der Berggießhübler Fa. Heidrich erbaut und im Februar 1882 abgenommen. Es kostete incl. Wirtschaftsgebäude 3 786,34 M. Zur recht ungewöhnlichen Architektur gibt es folgenden Vermerk: »Das ...  Haltestellengebäude hat trotz der sehr billigen Sandsteinhorzeln aus Ziegelmauerwerk projektiert werden müssen, um auf den sehr schmalen  Platz überhaupt hingestellt werden zu können. Die unteren Räume dienen für den öffentlichen Verkehr, die oberen als Wohnung für den die Dienstgeschäfte übernehmenden Privaten.«                                                                                      Die Station musste  bereits 1883/84 aufgrund der wachsenden Transporte erweitert werden. Bei der Umbaumaßnahme 1886/87 errichtete die Neundorfer Fa. Eisold u.a.  neue Ladegleise, einen 5,5 m messende Wagendrehscheibe und eine  Erweiterung des Güterbodens am Stationsgebäude. Probleme gab es mit der  oberhalb der Station verlaufenden neuen Bahratalstraße. Durch Geländeabtragungen stellten sich Rutschungen am Straßenkörper ein, die  mit einer Stützmauer abgefangen werden mussten. Im August 1887 war die 32 605 M kostende Stationserweiterung abgeschlossen. Das Empfangsgebäude erhielt vermutlich zu Reichsbahnzeiten ein Walmdach und damit sein heutiges Aussehen. Ein gegenüber liegendes privates Wohn- und Lagerhaus  übernahm die Staatsbahnverwaltung am 01.05.1892 vom Güter- und Postagenten Süßmilch. Auch in Berggießhübel genügten die bescheidenen Anlagen der Sekundärbahn den Anforderungen nicht mehr. Im April 1881  legte die Fa. Berndt für 1 441 M ein separates Güterbodengleis. Zwischen August und November 1887 erweiterte man das Empfangsgebäude durch eine Aufstockung, die 7 779 M kostete.                                                                                                                                                                                                                  Probleme ganz anderer Natur gab es im September 1883 in Rottwerndorf: »Im Wartezimmer des Stationsgebäudes auf Haltestelle Rottwerndorf ist der  Hausschwamm aufgetreten und hat derselbe außer der Dielung noch die  Thürgerüste und Verkleidungen der nach dem Hausflur und der  Güterexpedition führenden Thüren, sowie bereits auch die Dielung der  letztgenannten Expedition ergriffen. ...«                                                                                                Ein früheres privates Lagergebäude an der Straße wurde im Mai 1885 zu einer Bahnwärterwohnung ausgebaut.                                                                          Mit Eröffnung der Zweigbahn nach Großcotta im Jahr 1894 wurde die neue Station Pirna Haltepunkt (später Pirna Süd) eröffnet, die den seit 1881  bestehenden Personenhaltepunkt an der Zehistaer Straße ersetzte. Im Jahr 1882 kam es auf Initiative des Steinbruchbesitzers Lotze zum Bau der Ldst Cotta. Die Baukosten von 10 985 M hatte der Interessent zu tragen.

Schon wenige Wochen nach der Inbetriebnahme des Bahnhofs Gottleuba erwiesen  sich die dortigen Gleisanlagen als unzureichend, so dass eine Verbindung zwischen Gleis 1 und 2 eingebaut wurde. Die bescheidenen Räumlichkeiten des Bahnhofs gaben immer wieder Anlass, den Bau eines Beamtenwohnhauses zu fordern. Doch die Staatsbahnverwaltung mietete stattdessen  städtische Wohnungen an. Im Juni 1908 hieß es, wäre in Gottleuba »auch für die nächsten Jahre nicht zu erwarten, daß sich dort ein Beamtenwohnhaus zu einem selbst niedrig anzusetzenden Zinsfuße verzinsen würde.«                                                                    Das recht schmucklose Gottleubaer Empfangsgebäude fiel bei einer Revisionsfahrt der Bahnverwalterei Pirna am 16.06.1915 negativ auf: »Der südliche Giebel des Stationsgebäudes auf Bf. Gottleuba  bietet, den in Nähe befindlichen städtischen Anlagen gegenüber, einen einförmigen Anblick, der sich am einfachsten vielleicht dadurch verbessern läßt, daß dieser Gebäudeteil mit Kletter-Zierpflanzen bedeckt wird ...«                                                                                                      Um den Bewuchs zu beschleunigen, entschied man sich  für den schneller wachsenden Wilden Wein. Weiteres ist in den Akten  leider nicht überliefert.                    Zu Beginn der 20er Jahre existierten Pläne für eine Erweiterung des Stationsgebäudes, die von einem eingeschossigen Dienstraumanbau (erst 1939 realisiert) bis zum luxuriösen Neubau mit  Empfangshalle reichten. Besonders setzte sich Gottleubas Bürgermeister Hackebeil für die Aufwertung des Bahnhofs ein, wie ein Schreiben vom  13.02.1925 zeigt: »Seit Jahren schon haben sich die hiesigen Bahnhofsbaulichkeiten als in höchstem Grade unzulänglich erwiesen und  machen auf den Einheimischen sowohl, als auch auf den Fremden einen  äußerst unwürdigen Eindruck. ... Das jetzige Bahnhofsgebäude ist ein  ganz schlicht und primitiv ausgeführtes Haus ohne allen Schmuck und  wirkt dem Beschauer kalt. ... Der Bahnsteig liegt vollständig im Freien und ist nicht einmal, wie dies bei verkehrsreichen Haltepunkten üblich ist, teilweise Überdacht. Alle diese Einrichtungen und Anlagen, welche den Charakter und Ruf Gottleubas als Badestadt nicht fördern, können nur durch einen Neubau dauernd behoben werden. ...«                                                                                                                                  Im  Juli 1905 stellte der Rittergutsbesitzer Max Arnold einen Antrag auf Anlage eines Haltepunktes in Flur Giesenstein nahe seines Gutes. Die Kosten von 400 M war dieser bereit, zu übernehmen. Dem 1907 errichteten Haltepunkt Giesenstein war ein kurzes Leben beschieden - 1922 wurde die nur aus einem 57 m kurzen Bahnsteig bestehende Station für immer geschlossen. Gründe dafür waren das verschwindend geringe Fahrgastaufkommen und die fehlende Beleuchtung des Bahnsteiges. Eine größere Resonanz konnte dagegen der von der Stadt Berggießhübel errichtete und 1911 eröffnete Haltepunkt Zwiesel verzeichnen - immerhin  musste sein Bahnsteig ab 1914 mehrfach verlängert werden.                                                                                                                                                  Im Jahr  1914 beabsichtigte die Stadt Pirna die Hochlegung der PGl-Linie zur Beseitigung des Staatsstraßenübergangs (heutige B 172). Der Erste  Weltkrieg verhinderte die Umsetzung der bereits genehmigten Pläne.                                                                                                                                                     Im Juni 1917 stand eine Namensänderung zur Diskussion, die aber abgelehnt wurde: »Da die kleinen Städte Berggießhübel und Gottleuba ihre Ortsnamen in "Bad  Berggießhübel" und "Bad Gottleuba" abgeändert haben, werden sie wohl  auch den Antrag stellen, daß die Bfe. dieser kleinen Städte in Bad  Berggießhübel und Bad Gottleuba abgeändert werden, was zur Folge hätte,  daß dann der jetzige Htp. Zwiesel den Namen: Bad Berggießhübel-Zwiesel  erhalten würde. Um unnötiges Schreibwerk zu vermeiden, möchte das Gesuch daher abgelehnt werden.«                                                                                                                             Unter Protesten der Stadt zog die  Reichsbahn den Haltepunkt Zwiesel zum 01.01.1923 wegen zu geringen  Verkehrsaufkommens ein. Die Wiedereröffnung am   05.06.1925 erfolgte nur  unter zahlreichen Auflagen für die Stadtväter. So waren auf Kosten der Stadt der Bahnsteig um 50 m zu verlängern, eine Absperrung herzustellen  und ein Fahrkartenverkauf einzurichten. Der Haltepunkt bestand bis zum  Ende der Gottleubatalbahn. Am 16.05.1935 nahm man eine elektrische  Beleuchtung in Betrieb.                                                                                                                                                                                                      Am Mittag des 28.08.1925 kam es am Bahnhof  Berggießhübel zu einem tödlichen Unfall. Ein Güterzug stieß mit dem Fuhrwerk des Sägewerkbesitzers Hering aus Zwiesel zusammen. Der 22jährige Geschirrführer wurde dabei tödlich verletzt.                                                                                                                        Eine um 1930 errichtete Verbindungskurve in Pirna ermöglichte die direkte Durchleitung von Zügen zu den Güterverkehrsanlagen.

Im aufstrebenden Kurort Berggießhübel hatte man Mitte der 30er Jahre ungewöhnliche Sorgen - der Bahnbetrieb, der einst den Aufschwung  brachte, störte nun die Ruhe der Kurgäste! 1934 beschwerte sich ein  Besucher der Stadt: »Nun aber, wo Berggießhübel sich anschickt, in Ostsachsen an die erste Stelle der Kurorte zu rücken, begibt sich am 18. Juni 1934 vormittags 10.40 folgendes. Ein kurzer Güterzug durchfährt den Ort im Tempo von über 40 km, ohne anzuhalten oder die  Geschwindigkeit zu verringern. Er beginnt beim Gaswerk in wahnsinniger Weise zu pfeifen, pfeift bis zum Verkehrsplatz und beginnt damit wieder  beim Sächs. Haus. Ich bin als nervenstarker Kriegsteilnehmer und nicht kranker Großstädter auf das heftigste erschrocken. Ich wüßte gar nicht, was los war und gewann den Eindruck, es ist jemand verrückt geworden.  ...«                                                                                                                                                                   In der Stadtverwaltung sammelte man die eingehenden Beschwerden und richtete im März 1935 ein Schreiben an die Reichsbahn: »Ein ganz besonderer Übelstand, der die Einwohnerschaft schon zu unzähligen Beschwerden und die Stadtverwaltung zu vielen Berichten veranlaßte, ist das Bimmeln und Pfeifen der Züge beim Durchfahren der Stadt Berggießhübel. ... Die Beschwerden von den Insassen des Kurhauses  "Johann-Georgen-Bad", meist kranke und schwerkranke Menschen, häufen  sich.«                                                                                                                                                                                                                   Die Reichsbahn sah allerdings keine Möglichkeit, dies ohne Gefährdung der Betriebssicherheit zu ändern. Bei Kontrollen stellte man die korrekte Einhaltung der Pfeif- und Läutesignale fest. Obwohl die Stadt Gottleuba am 20.12.1936 den Zusatz "Bad" erhielt, fand bis zur  Stilllegung der Strecke keine Umbenennung des Endbahnhofs statt.                                                                                                                                                                                                         Nach einem Projekt von 1937 sollte der Endbahnhof einen zweiten Bahnsteig erhalten und die nördliche Einfahrt verändert werden. Noch 1939 wurden  die Pläne verfolgt, aber nach Kriegsbeginn nicht mehr umgesetzt.                                                                                                                                                       Das Rottwerndorfer Empfangsgebäude erhielt bei einem Ausbau durch die Pirnaer Fa. Max Klieber im August 1939 sein heutiges Aussehen. Neben dem neuen Außenputz bewilligte die Reichsbahn auch Mittel für eine  Dienstwohnung im Dachgeschoss.                                                                                                       Im Kriegsjahr 1942 legten Wehrmachtssoldaten den Haltepunkt Pirna von Richthofenstraße (später Pirna Ost) an, der vorrangig den dortigen Kasernen dienen sollte. Der  letzte Neubau fand im Dezember 1950 mit der Einrichtung des Haltepunktes Pirna Solidarität statt, der den Beschäftigten der umliegenden Fabriken den Arbeitsweg verkürzte.

Die Strecke hatte in ihrer Betriebszeit mehrere Hochwasser-Katastrophen zu überstehen, die schwerste davon im Juli 1927. Die Bahnhöfe Berggießhübel und  Rottwerndorf wurden zerstört bzw. völlig verschlammt und die Brücken  erheblich beschädigt. Für die Instandsetzung der betroffenen Strecken  wurde in Pirna ein Neubauamt eingerichtet. Am 10.09.1927 konnte der  Abschnitt Berggießhübel - Gottleuba wieder in Betrieb genommen werden.                                                    In den Folgejahren ersetzte man mehrere Brücken durch zeitgemäße Bauwerke mit größerer Durchflussöffnung. Am südlichen Bahnhofsende von Berggießhübel wurde die Gottleuba verlegt, wobei eine neue, größere Bahnbrücke errichtet und gleichzeitig die Staatsstraße günstiger trassiert wurde.                                           Das Hochwasser im Juli 1957 richtete erneut schwere Schäden zwischen Pirna und Rottwerndorf an. Den Eröffnungszug nach der über drei Wochen währenden Betriebspause zog am 23. August des Jahres 86 149 über die Strecke. Als Folge des Hochwassers mussten zwei Brücken neu gebaut werden. Für das Bauwerk in Pirna kam ein weitgespannter Stabbogen zum Einsatz, die Gottleubabrücke in Neundorf entstand als  Sonderkonstruktion. Aus Gründen des künftigen Hochwasserschutzes wurde  der Flussbogen der Gottleuba aufgeweitet, so dass einige Meter nördlich  der alten Brücke eine schiefwinklige Kreuzung mit der im gleichsinnigen  Bogen verlaufenden Bahnstrecke entstand. Ausgehend von mehreren Entwürfen entschied man sich für einen Hohlkastenträger, der an zwei  Portalstützen aufgehängt wurde - eine in Sachsen einmalige Konstruktion. Das neue Bauwerk entstand praktischerweise "auf dem Trockenen" und  konnte 1962 übergeben werden. Erst danach verlegte man das Flussbett.                                                                                                                                                 Am 02.05.1962 um 10.25 Uhr wurde am BÜ Dresdner Straße eine Halbschrankenanlage in Betrieb genommen.[1],[2],[6],[8],[9],[10]

Stilllegung

Erste Stilllegungspläne um 1960 wurden noch zu Gunsten der Gottleubatalbahn entschieden. In einer Verkehrsuntersuchung von 1963 heißt es u.a.: »Auf Grund eines Verbesserungsvorschlages hat die Deutsche Reichsbahn beantragt, verschiedene Reisezüge ausfallen zu lassen und dem Kraftverkehr den Reiseverkehr für diese Züge zu übertragen. Der Rat des Kreises Pirna, Abteilung Verkehr, hat nach  seiner Sitzung am 13.12.62 noch keine grundsätzliche Zustimmung zu  dieser Maßnahme geben können, da noch Fragen des Fahrpreises mit den  betreffenden Reisenden und Arbeitszeitregelungen der Betriebe, in denen  die betreffenden Reisenden arbeiten, geklärt werden müssen. Im Februar  1963 soll endgültig entschieden werden, zu welchem Zeitpunkt die  Eisenbahn diese Züge ausfallen lassen kann. ... Das Reichsbahnamt Dresden hat die Vorstellung, den Güterverkehr bis 1970 für den Bahnhof  Gottleuba einzustellen. Ob dann der Reiseverkehr weiterhin bestehen  soll, konnte nicht ermittelt werden.«                                                                                                                                                                   Am 01.07.1963 verlegte man  die Stückgutabfertigung von Gottleuba nach Pirna und vermietete den Güterschuppen an die Leinbrock KG und die Fa. Scholz. Am 30. September  des Jahres endete der Wagenladungsverkehr in Langenhennersdorf und Berggießhübel.                                                                                         Der Talsperrenbau in Gottleuba (1967-69) sowie die  Wismut-Transporte (ab 1967) brachten kurzzeitig einen Aufschwung im  Güterverkehr - u.a. erweiterte man mit einem Aufwand von 1,4 Mio. Mark den Endbahnhof der Strecke. In einer Technikerarbeit von 1964 heißt es hierzu: »Nach den neuesten Angaben und Planungen des bauführenden  Betriebes "Talsperrenbau Weimar" soll mit einem täglichen Eingang von 30 Wagen zu rechnen sein. Für dieses Aufkommen reicht die Kapazität des Bahnhofs Gottleuba bei weitem nicht aus, um den Anforderungen gerecht zu werden. Deshalb ist von der DR vorgesehen, den Bf durch neue  Gleisanlagen zu vergrößern. Die Ladestraße soll erweitert werden, um  eine reibungslose Güterabfuhr zu gewähren. Neben dem jetzigen Kran  [Anm.: ein handbedienter 5 t-Portalkran] soll noch eine weitere Hebevorrichtung zum Entladen von Betonrundeisen, Rohren und anderen Gütern errichtet werden. Zur Zemententladung sind große, mit Saugluft betriebene Zementsilos neben der Ladestraße geplant. Das Ladestraßengleis soll verlängert werden und zwischen Weiche 1 und 3 in  das Hauptgleis münden. An diesem verlängerten Ladestraßengleis soll eine Kies- und Sandentladerampe errichtet werden.«

Laut  Literaturquelle wurde am 24.08.1970 unter Protesten der Bevölkerung der Schienenersatzverkehr eingeführt. Das Kursbuch 1970/71 enthält aber noch einen planmäßigen Zugverkehr. Die eingesetzten Busse vom VEB  Kraftverkehr führten zu Unannehmlichkeiten für die Fahrgäste und anfänglich großen Verspätungen. Trotz allem übernahm der Kraftverkehr zum 01.10.1973 alle Beförderungsleistungen. Im Winterfahrplan 1973/74 ist noch der SEV ausgewiesen. Nach Gottleuba verkehrte zuletzt nur noch ein Bedarfsgüterzug. Am 01.04.1976 gab man den Abschnitt von km 10,500 bis Gottleuba zum Abbau frei. Ab diesem Zeitpunkt wurde der VEB Hartpappenwerk Langenhennersdorf noch für ein Jahr auf der Schiene bedient. Der Gleisrückbau stoppte Anfang 1980 am km 8,3. Der sechsgleisige Wismut-Werkbahnhof in Rottwerndorf wurden bis 1983  genutzt, das Klebstoffwerk als zweiter großer Frachtkunde schloss 1991. Obwohl am 30.05.1993 Sonderfahrten der IG "Eisenbahnfreunde Sächsische Schweiz" mit einer VT-Garnitur Hoffnung auf den Fortbestand der Strecke aufkommen  ließen, findet der Eisenbahnfreund heute nur noch wenige Meter Gleis vor. Zum Jahreswechsel 1997/98 wurde der Güterverkehr offiziell  eingestellt und per 28.02.1999 die dauernde Stilllegung verfügt. Der Abbau des verbliebenen Abschnittes begann im Sommer 1999 in Pirna-Neundorf und endete 2002 in Pirna. Die Trasse wurde im Stadtgebiet teilweise zu einem Radweg umgestaltet, der perspektivisch bis ins Osterzgebirge fortgesetzt werden soll. Der Streckenabschnitt zwischen  Langenhennersdorf und Berggießhübel wurde 1994 von Eisenbahnfreunden freigeschnitten, ab Zwiesel ist die Trasse seit 1999 asphaltiert. Der  Abschnitt bis Gottleuba ist im Sommer 1998 als Füß- und Radweg  umgestaltet worden. Als wenige erhaltene Hektometersteine entlang der  Strecke waren bis April 2003 noch die Steine 98, 124, 126, 137, 140, 143 und 144 aufzufinden. Seit Januar 2004 engagiert sich der Verein "Bahnhof Langenhennersdorf e.V." für die Erhaltung des Geländes.[1],[2],[4],[5],[8],[12]

Mediathek

 

Danke an die Internetseite Sachsenschiene.de für diese Informationen.

Quellen

[1] Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden: Bestand 11228, DR, Rbd Dresden, Signaturen 1115, 1119, 1120, 1122, 1123, 1132-1136,  3628, 3630, 3631, 3636-3641, 3649, 3651, 11352, 11354, 12125, 12343,  15604, 16209, 16210, 16625, 17919, 18433, 18438, 18915, 19180, 25914,  32481, 32876, 32967, 33520, 34686, 36364, 36804
[2] Fischer: "Sekundärbahnen von Pirna nach Großcotta und Gottleuba", Verlag Kenning, Nordhorn 1995
[3] Ulbricht: "Geschichte der Königlich Sächsischen Staatseisenbahnen", Dresden 1889
[4] Frenzel: "Verbesserung des Wagenumlaufs Pirna - Gottleuba", Technikerarbeit 1963, (Akte I 24 im HStA Dresden)
[5] Schönfeld: "Verkehrsbuch Bf Gottleuba", Technikerarbeit 1964, (Akte I 173 im HStA Dresden)
[6] Garn: "Reichsbahn ohne Reich", Band 2, Verlag Lok-Report, Hamburg 1999
[7] Rother: "Pirna - Gottleuba" in "Preß´Kurier", Heft 04/2005
[8] Fischer: "Pirna - Gottleuba und Pirna - Großcotta" aus "Neben- und  Schmalspurbahnen in Deutschland", Sammelwerk GeraNova-Verlag
[9] Richter: "Wiederaufbau der durch das Hochwasser der Gottleuba  zerstörten Eisenbahnbrücken bei Pirna" in "Deutsche Eisenbahntechnik",  Heft 12/1964
[10] Ledig, Ulbricht: "Die Secundäreisenbahnen des Königreichs Sachsen", Dresden 1886
[11] "Eisenbahn-Journal Archiv (Sachsenreport)", Band 5 und 7
[12] "Dresdner Neueste Nachrichten" vom 01.02.2001
[13] "Die Sekundär-Eisenbahnen des Königreichs Sachsen", Berlin 1886
 

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